Das richtige Maß an Auslauf und Beschäftigung

Das richtige Maß an Auslauf und Beschäftigung
Myriams-Fotos – Pixabay

Dreimal um den Block oder Fahrradtour bis Sonnenuntergang?

Natürlich brauchen Hunde täglich Bewegung, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Den meisten Hundebesitzern ist das klar. Wieviel der einzelne Vierbeiner aber davon benötigt, wann er zu wenig und wann zu viel bekommt, das ist für viele Halter ein Rätsel.

Zwar kursieren immer wieder so genannte Faustregeln für junge Hunde, die eine Überbelastung vermeiden sollen, eine allgemeingültige Antwort gibt es allerdings nicht. Denn die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Hundes hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie Alter, Rasse und vor allem dem Charakter des Hundes.

Groß, klein, rund oder windschnittig

Niemand wird hoffentlich auf die Idee kommen, eine Englische Bulldogge vor einen Hundeschlitten zu spannen oder einen Jack-Russel Terrier dreimal am Tag nur zehn Minuten angeleint um den Block zu schleifen. Der unterschiedliche Körperbau der verschiedenen Hunderassen gibt also bereits eine gewisse Marschrichtung beim Auslauf vor. Wobei bei allem auch immer die Ausnahmen die Regel bestätigen und es durchaus konditionsstarke Molosser und weniger lauffreudige Windhunde geben kann.

Genauso wie mit dem Irrtum aufgeräumt werden muss, dass kleine Hunde aufgrund ihrer geringen Körpergröße weniger Auslauf benötigen als die großen. Denn gäbe es ein kleines Wettrennen zwischen Neufundländer und Pudel, würde das Sportabzeichen mit Sicherheit dem mit den kürzeren Beinen verliehen! Natürlich müssen auch noch Langlaufkondition und kurzfristiges Sprintvermögen unterschieden werden. Wie bei fast allem gilt deshalb also auch bei Auslauf und Beschäftigung: jeder Hund ist einzigartig.

Das Minimum

Alle gesunden ausgewachsenen Hunde brauchen mindestens 2 volle Stunden Auslauf am Tag. Ein Mindestmaß, welches nicht unterschritten werden darf und von dem der größere Anteil aus artgerechtem und abwechslungsreichem Freilauf bestehen sollte. Teilt man diese 2 Stunden auf den Tag auf, sind es beispielsweise eine halbe Stunde vormittags, eine Stunde mittags und eine halbe Stunde abends. Nicht viel für den Nachkommen des im Wald lebenden Wolfes, oder?

Natürlich überstehen Hunde auch Phasen, in denen sie weniger Bewegung bekommen, wenn Frauchen oder Herrchen einmal ein paar Tage krank sind, beispielsweise. Man sollte sie in dieser Zeit aber mit sinnvollen Spielen und Aufgaben im Haus beschäftigen und anschließend wieder ausreichend auslasten. Wichtig: Das Futter kürzen nicht vergessen! Bei jungen Hunden unter einem Jahr, deren Gelenke noch nicht gefestigt sind, und bei Hundesenioren gelten natürlich andere Ausmaße.

Unterbeschäftigung: Anzeichen und Folgen

Dauerhaft unterbeschäftigte Hunde sind bis in die späten Abendstunden aktiv. Sie schleppen ständig Spielzeug an und werden ihren Unmut bald auf “kreative” Weise mitteilen, denn sie werden sich selbst eine Beschäftigung suchen. Zumeist werden zuerst die Spielzeuge in Atome zerlegt und die Inneneinrichtung leidet unter gewissen “Umdekorations-Ambitionen”. Auch in Streifen gelegte Sofas samt Kissen sind sehr sichere Anzeichen für einen gelangweilten Hund. Übersteigerte Wachsamkeit, wie ständiges Anschlagen im Haus oder Verbellen von Allem und Jedem am Gartenzaun sind weitere Symptome.

Dauerhafter Mangel an Auslastung hat zudem auch massive Auswirkungen auf die Psyche des Hundes. Sie können aggressiv gegenüber Menschen und Artgenossen werden. Manche Hunde ziehen sich frustriert von ihren Menschen zurück, werden teilnahmslos und geben sich selbst auf, weil ihre permanenten Spiel- und Beschäftigungsaufforderungen von ihren Menschen nicht beachtet, abgewiesen oder sogar bestraft wurden. Vertrauens- und Bindungsverlust zwischen Hund und Mensch sind die schwerwiegenden Folgen.

Überbeschäftigt: Anzeichen und Folgen

Hunde kennen keine eigenen Grenzen. Das heißt, solange Herrchen Rad fährt, läuft der Hund, wenn es sein muss, bis er umfällt. Denn er muss ja mit seinem Rudel mithalten, darf keine Schwäche zeigen, sonst wäre er angreifbar, verzichtbar und würde womöglich vom Rudel ausgeschlossen. Grenzen muss also der Besitzer setzen.

Das gilt vor Allem für sehr aktive Hunde, die zum Ausgleich für ihre ursprünglichen Aufgaben andere erledigen sollen. Hütehunde, zum Beispiel (Border Collie, Australien Sheppard, Schäferhund) und Jagdhunde (Deutsch Drahthaar, Münsterländer, Weimaraner), aber auch Labrador und Golden Retriever als ursprüngliche Apportierhunde, wenn sie aus einer Arbeitslinie stammen.

Solche Hunde ticken anders. Sie fahren zwei Stunden Rad, spielen eine halbe Stunde Frisbee, betreiben eine halbe Stunde aktiv Nasenarbeit und gucken am Ende zutiefst enttäuscht. “Wie zuende? Und was machen wir jetzt?” So veranlagte Hunde hören nie auf, noch mehr Beschäftigung einzufordern, pushen sich hoch, sind frustriert und “knallen” dann irgendwann durch. Hier heißt es, zum richtigen Zeitpunkt eine Auszeit an einem ruhigen Rückzugsort zu verordnen. “Nimm deinen Knochen und ab ins Körbchen!” Aber Achtung, es sollte vom Vierbeiner nicht als Strafe aufgefasst werden.

Der Mix macht’s!

Bei aller Auslastung und Beschäftigung besteht der Großteil des Hundetages aus Schlafen und Dösen. Ist der Hund also zu Hause ruhig und lümmelt sich nach “getaner Arbeit” zufrieden in sein Körbchen, ist er offensichtlich mit der Dosis an Bewegung und Beschäftigung einverstanden.

Tippelt er hingegen immer um die Füße, verfolgt seine Menschen auf Schritt und Tritt oder zeigt u. a. die oben genannten Auffälligkeiten und versucht so ständig Aufmerksamkeit zu bekommen, scheint er nicht ausgelastet zu sein. Dann sollte man schrittweise das Maß an Auslastung erhöhen und so der optimale Bedarf des Vierbeiners ermitteln.

Übrigens: Hunde wollen vom Kopf her ausgelastet werden. Nur wenn Bewegung und Kopfarbeit sich die Balance halten, ist Hund wirklich glücklich. Sinnvolle und auslastende Beschäftigungsmöglichkeiten für Hunde jeden Alters sind z. B. Nasenarbeit, Apportieren, Treibball und Slow-Agility. Gesunde erwachsene Hunde können darüber hinaus Sportarten wie Agility, Flyball, Frisbee, Hundespaßrennen etc. ausüben. Auch für alle weniger Sportiven gilt: Abwechslung in den Hundealltag bringen, an verschiedenen Orten spazieren gehen und … dabei sein ist alles!

Beitrag: Burga Torges, Hundetrainerin in Düsseldorf, www.hundeart.com

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