Wer hat Angst vorm schwarzen Hund?

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Mythen, Märchen und manche Wahrheit

Von wegen „Black Beauty“: Während der golden Retriever zum weißen Kuschelhund der Nation gezüchtet wurde und beige Streuner aus Spanien vermehrt Einzug in Familienhaushalte halten, hat sich die Lage für schwarze, große Hunde nicht verbessert. Nur zu häufig erleben Halter von dunklen Fell-Pfoten übertriebene Skepsis beim Hundekontakt.

Zumeist müssen sie Schauergeschichten über sich ergehen lassen, die davon erzählen, wie der kleine cremefarbene Liebling fast in Stücke gerissen wurde und deshalb unter einem Trauma leide. Natürlich war der Übeltäter groß, gemeingefährlich und vor allem – schwarz! Woher kommen Angst vor dem dunklen Fell und die Annahme, kleine Hunde hätten Angst vor ihren großen Artgenossen?

Bedrohungen sind immer dunkel

Bei einem Unwetter peitschen dunkle Wolken am Himmel und bringen Unheil. Ein Fernseh-Bösewicht ist immer schwarz, Hexen und der Tod sind es sowieso. Die Assoziation der Bedrohung mit der Farbe schwarz ist also allgegenwärtig und macht leider auch nicht vor dem Tierreich halt. Was beim Schaf anfängt, hört beim Raben noch lange nicht auf. Wer einer schwarzen Katze begegnet, wird abergläubisch hin oder her, nicht beneidet.

Allein die Pferde haben Glück. Bei ihnen gilt der schwarze Rappe als edel und „Black Beauty“ war das Lieblingspferd aus der Kindheit. Nicht so bei Wolf und Hund. Wären Streuner „Boomer“ oder Film-Collie „Lassi“ schwarz-graue Schäferhunde gewesen, ganze Nationen hätten bei ihren Erzählungen wohl nie eine Träne vergossen.

Gefährlicher Neufundländer und Kuschel-Kuvasz?

Wie viel von der negativen Assoziation des Menschen willkürlich ist, zeigt die Einzelfallbetrachtung. Warum hat ein 50 Kilo schwerer, schwarzer Neufundländer das Image des kinderfreundlichen Kumpels, obwohl er alle negativen Merkmale des Bedrohlichen in seiner äußeren Erscheinung vereint? Und wie sieht es mit dem Kuschelfaktor beim schneeweißen ungarischen Kuvasz aus?

Spätestens nach Eisbär „Knut“, fallen dem Herdenschutzhund gegenüber die Hemmungen. Dabei ist der als unbestechlich und Fremde abweisend bekannt. Einfach hingrabschen kann da (wie bei Eisbären auch) ins Auge gehen. Und schon gerät das von Menschen erzeugte Bild des Schwarz-Weiß-Denkens ins Wanken …

Das Märchen vom Schwarzen-Hund-Trauma

Natürlich sind Hunde in der Lage, sich die Physiognomie eines Angreifers zu merken und so besonders angespannt auf beispielsweise Schäferhunde, Jack Russell Terrier oder auch langhaarige Hunde zu reagieren. Wer von uns würde sich nicht merken, von wem er verprügelt wurde und bei zukünftigen Begegnungen Vorsicht walten lassen?

Schwarze Hunde sind aber nicht automatisch weniger gut sozialisiert als ihre hellen Artgenossen. Es hängt von den Besitzern ab, wie gut sie den Vierbeiner in die Hundewelt integrieren. Gleiches gilt für die Überwindung von schlechten Erfahrungen. Die meisten Hunde hätten kein Trauma, wenn ihre Besitzer sie anschließend gute Erfahrungen sammeln ließen. Egal ob schwarz, weiß oder gepunktet!

Menschen projezieren ihre Angst

Wer als Hundehalter erleben musste, wie der Vierbeiner von einem anderen gebissen wurde, hat mit Sicherheit bei zukünftigen Begegnungen nicht gerade die Gelassenheit gepachtet. Verständlich – aber gefährlich. Sind wir doch als Rudelführer Vorbild für unseren Hund und somit maßgeblich dafür verantwortlich, mit Ausstrahlung, Stimme und Körperhaltung der Situation eine Farbe zu geben: Nämlich schwarz – bedrohlich oder weiß – positiv.

Der positive Ausgang der Begegnung hängt davon ab, ob der Mensch in der Lage ist, nicht seine eigene Furcht, sondern Sicherheit auf den Hund zu übertragen. Dazu dürfen Hundebegegnungen keinesfalls vermieden werden. Denn nur wenn Fiffi als letzten Kontakt zu Schnauzer x oder Dobermann y das schlechte Erlebnis abspeichert, hat er tatsächlich eine gute Chance auf ein Trauma.

Daran sind dann aber nicht die Artgenossen, sondern Frauchen oder Herrchen selbst schuld. Wird der Hund positiv an die nächsten Begegnungen gerade mit ähnlichen Hunden herangeführt, ist er zunächst zwar vorsichtiger, kann aber seine Furcht überwinden.

Kleine Hund sind nicht anders

Viele Halter von kleinen Hunden studieren ihren Vierbeinern eine aggressive Anti-Haltung den großen gegenüber ein, indem Sie ihnen die Möglichkeit nehmen, sich kontrolliert mit großen Hunden auseinanderzusetzen. Das fängt schon beim Welpenspiel an. Warum sollte ein Dackelwelpe nicht mit einem gleichaltrigen Hoverwart spielen?

Denn in der Regel sind Welpen so gelenkig, dass sie auch das gröbere Handling von wenige Wochen älteren Welpen ohne Blessuren überstehen. Welpen nehmen diese Behandlung nicht krumm und fürchten sich nicht vor den “großen Hunden”, der Mensch aber schon!

Welpen lieben große Hunde

Jeder noch so große Hund hat als maulwurfgroßer Welpe das Licht der Welt erblickt. Würde die Theorie von der Angst von kleinen Hunden vor großen Bestand haben, erlitten alle Welpen spätestens ein Trauma, sobald sie die Augen öffnen und ihre 65 Kilo schwere Mutter erblicken, die sie mit ihrer gigantischen Schnauze und der waschlappengroßen Zunge säubert.

Ganz selbstverständlich aber machen sich Welpen vom Moment der Geburt an vertrauensvoll auf den Weg zur Milch und krabbeln dabei über riesige Pfoten und Beine. Sie wurschteln sich unter Riesenhängeohren durch, erklimmen “Baumstämme” von Ruten und müssen dabei absonderlichste Akrobatiken auf dem Mutterleib vollbringen … und all das völlig ohne Angst.

Angst ist erlerntes Verhalten

Jeder Hund lernt also von Geburt an, dass die riesige Mutter überlebenswichtige Nahrung, Wärme, Schutz und Hygiene in einem ist und sucht ihre Nähe. Angst vor großen Hunden lernt der Vierbeiner, ob groß oder klein, erst vom Menschen, der seine eigene Übervorsicht und damit Unsicherheit beim Hundekontakt auf ihn überträgt.

Denn die gelehrigen Hunde übernehmen Laut- und Körpersprache des Rudelführers, wie schrille, laute Töne, in sich geduckte Haltungen oder aggressiv-dominantes Auftreten (Präventiv-Abwehr), wenn dieser seinen Liebling vor dem riesigen, womöglich schwarzen, Artgenossen unnötig beschützen will.

Durch richtiges Verhalten des Halters ist Angst von Hunden vor (bestimmten) Artgenossen vermeidbar. Mehr noch: ist der Mensch bereit, seine gelernten negativen Assoziationen, sei es mit der Farbe schwarz oder bestimmten Hunderassen und -größen zu überwinden, besteht auch die Chance für den Vierbeiner, so genannte Traumata wieder zu lösen.

Foto: Gem Darwin, fotolia.com

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